GFK mit Rat und Tat

GFK hat in den letzten Jahrzehnten einen starken Wandel mitgemacht. Neben der Verwendung in der Serie wird GFK sehr gern in der Zubehörindustrie verwendet. Warum ist dies so?

Zu allererst sollte ein grober Blick auf die Herstellung von GFK Teilen geworfen werden. GFK wird in mehreren Schichten aufeinander laminiert. Dabei wird ein faseriges Grundmaterial mit einem Harz getränkt, welches durch eine chemische Reaktion aushärtet. Diese Kombination bietet hohe Steifigkeit und flexible Formgebung bei interessantem Gewichtsvorteil.

Zurück in die Vergangenheit. Damals wurde in der niedrig automatisierten Industrie entsprechend viel handwerkliches Geschick benötigt. Prozesssicherheit, Wiederholqualität und Genauigkeit waren nicht so ausgeprägt wie heute. Auch die Stückzahlen waren wesentlich geringer als heute. Bei steigender Stückzahl wird die Verwendung von GFK aufgrund des hohen Arbeitsanteils preislich uninteressant. Allerdings bieten nicht alle alternativen Kunststoffe die gleichen Kennwerte wie GFK. Eine objektive Beurteilung kann hier jedoch nur fallbezogen erfolgen!

In der stückzahlmässig kleinen customizing Scene ist GFK jedoch eine kostengünstige alternative zu ABS oder PUR Formteilen. Leider ist GFK sehr stark von der handwerklichen Verarbeitung abhängig. Deshalb ist GFK bei TÜV und Co. wenig beliebt. Ein Bauteil, das heute noch gut ist, kann morgen aufgrund mangelhafter Verarbeitung völlig wertlos und reif für den Sondermüll sein. Natürlich können auch bei anderen Werkstoffen Verarbeitungsfehler entstehen, jedoch ist das Risiko geringer, wenngleich genauso vorhanden. Wer hat sich nicht schon über gebrochene Kühlergrills ohne Emblem geärgert?

Zurück zum GFK. In den späten 70ern fing es an seinen Siegeszug zu starten, in den 80er war die Hochzeit des GFK Tunings. Breite Schweller, die Spoiler, Heckflügel, Front- und Heckschürzen, Schwerter und alles was sich sonst noch durch GFK ersetzen ließ. Die Herren Schult, Dannert und Hoffmann sind nur einige "Übeltäter". Seit den 90ern lacht man darüber, viele wollen das Zeug nicht mehr haben, geschweige denn sehen. Man hat es stellenweise förmlich übertrieben. Doch wenn man es von aussen nicht sah, gabs auch nichts zu meckern. Gewichtsoptimierung war angesagt. Das Teil behielt die originale Form, verlor jedoch an massiv an Gewicht. Man orientierte sich an den leistungsstarken OEM Modellen wie dem AUDI RS2 und verkaufte RS Stoßstangen wie geschnitten Brot.

In der Zwischenzeit gibt es sogar sehr gute industrielle Lösungen für gleichbleibende Qualität (z.B. Prepeg). Trotz allem gibt es immer wieder anbieter, die Methoden von anno dazumal verwenden. Mit mässiger Qualität und niedrigen Preisen eroberte man sich den Markt. In den 2000ern setzte es einen neuen Ruck aus der Reiskocherfraktion. The Fast and the Furios war der endgültige Startschuss für GFK 2.0 im und am Automobil. Biertheken und Pennerlöcher waren wieder in. Im Innenraum wurde sämtliches Entertainment dem Passanten präsentiert, der Fahrer wurde zweit- gar drittrangig.

So entstand aus einem alten Industriezweig ein neuer. Mittlerweile gibt es eine Menge Anbieter an Formenbauern für die Industrie und den Automotive Bereich. Bedient werden sowohl die Erstausrüstung als auch der Zubehör. Auch an die Customizer wurde gedacht. Es gibt viele Produkte für den privaten Erwerb, vom reinen GFK bis hin zu Frästeilen und vorgefertigten Formteilen und Materialgutachten. Dummerweise hat auch der (mittlerweile europäische) Gesetzgeber etwas an seinen Papieren gebastelt und Eigenbauten einen großen Riegel vorgeschoben. Ohne ein Teilegutachten oder ABE lassen sich genehmigungspflichtige Teile nur über eine Einzelabnahme benutzen. Einzelabnahmen werden jedoch kaum noch abgenommen, da die Prüfingenieure mittlerweile mehr haften und vom Arbeitgeber (der Prüforganisation) dazu angehalten worden sind, solche Abnahmen nicht mehr durchzuführen bzw. dies nur bei entsprechend vorgelegten Gutachten und Prüfprotokollen durchzuführen. Diese kosten jedoch viel Geld und lohnen nicht für Einzelanfertigungen einer Privatperson. Selbst Kleinserien lassen sich nur schwer mit Gutachten verkaufen, da der Käuer im Regelfall nicht bereit ist, mehrere hundert Euro für eine ebenfalls kostenpflichtige Abnahme zu bezahlen. Glücklicherweise gibt es nach wie vor noch fähige Prüfingenieure und Firmen die hier helfen. Ein Materialgutachten allein befähigt ein Bauteil noch lange nicht zur Abnahme durch eine Prüforganisation!

Für unsere GFK-Einsteiger: GFK steht für Glasfaserverstärkter Kunststoff. Man ahnt es schon, der Anglizismus Fiberglas bezeichnet GFK und leitet sich von Fibreglass/Fiberglass für GRP – glass-fibre reinforced plastic ab. Und was ist mit CFK? Carbon Faser Kunststoff. Carbon? Kohlenstoff. Die berühmte Kohlefaser ist pures Denglisch. Cohlefaserverstärkter Kunststoff?! Lieber nicht. Eher Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff. Egal, auch CFK ist ein GFK.

Folgende Faserarten werden im Regelfall verwendet:
Glasfaser
Kohlenstofffaser
Keramikfaser
Aramidfaser
Nylonfaser
Naturfaser (Flachs, Hanf, Jute, Kenaf, Sisal, Ramie)

Die Fasern werden entweder als Gewebe oder Roving oder einer Kombination beider Verfahren weiterverarbeitet. Auch Gelege gehören dazu. Dies ist ein drapierbares Gewebe, welches sich dreidimensional anpassen lässt. Die Mechanische Festigkeit ist tendenziell höher, da die Fasern in gestreckter (leicht vorgespannter) Form vorliegen und die Ausrichtung der entsprechenden Anwendung angepasst wird. Dabei besteht ein Gelege aus mehreren Lagen parallel angeordneter Faserrovinge. Die einzelnen Lagen unterscheiden sich in verschiedenen Winkeln der Faserrichtung.

Ein Roving ist dabei ein Bündel mehrere Fasern die in unverdrehter, gestreckter und unendlicher Form den Filamenten vor. Werden mehrere Filamente zusammengefasst, so nennt man dies Filamentgarn. Dickere Filamentgarne ab 68Tex (ca. 1000Filamente) werden Roving genannt. Rovinge werden entweder in je tausend Filament oder Tex (g/km) bezeichnet. Ein Roving ist prinzipiell ein unidirektionelles Gewebe oder eine unidirektionelle Schicht. Alle Fasern sind in eine einzige Richtung orientiert. Die Fasern werden dabei als ideal parallel und homogen im Gewebe verteilt angenommen. Grundsätzlich können alle Gewebe oder Gelege aus unidirektionalen Schichten bestehen. Der Web- oder Wickel-Roving wird zum Wickeln oder Profilziehen (Pultrusion) verwendet. Der Schneid-Roving wird beim Faserspritzverfahren verwendet, weshalb die Roving-Stücke auch Roving-Schnitzel genannt werden. Hier wird der Roving über eine Gummiwalze über einen bestimmten Winkel an ein Messer gedrückt und bricht ab.

Ein Textilglasgewebe ist wie erwähnt eine Verstärkungsform mit Kett- und Schußvorzugsrichtung aus Roving- oder Filamentgewebe. beim Unidirektional-Rovinggewebe ist die Kettrichtung nur schwach ausgeprägt, so dass die eigentliche Verstärkungswirkung nur in Schußrichtung vorhanden ist.

Im Gegensatz dazu ist die Textilglasmatte nicht gewebt und hat weitestgehend richtungsunabhägige Verstärkungseigenschaften. Weitestgehend deswegen, weil Textilglasmatten als Schnittmatten aus geschnittenen Glasspinnfäde (z.B. 25 und 50mm) oder als Endlosmatten aus ungeschnittenen Fäden hergestellt sein können. Üblicherweise werden Schnittmatten im Handlaminierverfahren und Endlosmatten im kontinuierlichem Produktionsbetrieb und/oder beim Pressen verwendet. Die üblichen GFK Reparaturkits bestehen zu 95% immer aus Schnittmatten, wobei im gut sortiertem Fachhandel Endlosmatten einfach zu bekommen sind.

Der Vollständigkeit halber seien noch geschnittenes Textilglas als Verstärkung für Formmassen und Textilglas-Kurzfasern (gemahlene Fasern) zur Verstärkung von Massen und anderen Kunststoffen (Thermoplaste, PRIM, etc.) verwendet.

Folgende Harze (Matrix) werden im Regelfall verwendet:
Duromere (Duroplaste, Kunstharze)
Elastomere
Thermoplaste

im einzelnen:
Epoxydharz (ein Duroplast)
Vinylesterbasis
Methylethylketonperoxid (MEKP)
Acethylacetonperoxid (AAP)
Cyclohexanonperoxid (CHP)
Melaminharz (Aminoplaste (früher: Aminoharz, Amidharz)

Chemische Grundlagen

Für GFK Umbaute werden meist Duromere/Duroplaste verwendet. Dies sind Kunststoffe, die nach ihrer Aushärtung nicht mehr verformt werden können. Duroplaste sind harte, glasartige Polymerwerkstoffe, die über chemische Hauptvalenzbindungen dreidimensional fest vernetzt sind. Die Vernetzung erfolgt durch Mischen von Grundprodukten und wird entweder bei Raumtemperatur mit Hilfe von Katalysatoren chemisch (z.B. 2-Komponenten Härter) oder bei hohen Temperaturen thermisch (z.B. Autoklave) aktiviert. Polymere werden in drei Gruppen eingeteilt. Man unterscheidet je nach Vernetzungsgrad zwischen den molekularen Hauptketten nach Thermoplasten, Elastomeren und Duromeren/Duroplasten. Während die Thermoplaste keine Vernetzungsstellen aufweisen und daher aufschmelzbar sind, können Elastomere und Duroplaste aufgrund ihrer Vernetzung nicht aufgeschmolzen werden und zerfallen nach Überschreiten der Zersetzungstemperatur (Pyrolyse).

Umwelt- und Arbeitsschutz

Zum Hautschutz eignen sich nur spezielle Nitril- oder Butyl- Handschuhe. Ungeeignet sind dünne Einweg-Handschuhe unabhängig vom Material (zum Beispiel Latex, Vinyl oder Nitril). Die allergenen Stoffe durchdringen diese Handschuhe auch ohne Beschädigung innerhalb weniger Minuten, während der Eigenschutz der Haut durch Schwitzen bei fehlender Belüftung geschwächt wird. Wer keine passenden Handschuhe mehr hat, sollte regelmäßig die Handschuhe tauschen und die Hände ablüften lassen. Unter Umständen kann das Tragen eines Schutzanzugs notwendig sein, allerdings eher bei semi-professionellem Einsatz. Grundsätzlich sollte man alte Kleidung bzw. seine Schrauberkleidung für die Verarbeitung von GFK anziehen. Wer viel GFK passend schneiden und in einer eher windigen Umgebung arbeiten muß, sollte auch im Sommer kurze Hosen und T-Shirts meiden. Langärmlige Shirts und Jeans eignen sich besser. Die feinen Fasern setzen sich überall fest und kleben mit dem körpereigenem Schweiss wunderbar am Körper fest und sorgen für das große Kratzen. Auch ein einfacher Mundschutz kann durchaus angebracht sein. Auf Nummer sicher geht man auch hier wie beim lackieren mit einer Filtermaske. Der Ort des Geschehens sollte gut belüftet sein. Zigaretten und offenes Feuer sind tabu. Um keine allzugroße Sauerei anzurichten, sollte wie bei jeder anderen größeren Aktion auch, zu allererst aufgeräumt werden und die benötigten Materialien bereit liegen. Nichts ist schlimmer, als während der Topfzeit des Harzes nach Lappen, Klebeband, Schere oder GFK Nachschub zu sorgen. Auch den Boden sollte man abdecken um späteren Problemen mit Vermietern o.ä. aus dem Weg zu gehen. Folien eignen sich eher weniger, denn man würde mit jedem Schritt die Folie wieder hoch- und hinter sich herziehen. Sinnvoller ist es Folie als Grundbelag zu nehmen, darüber jedoch Karton (große Umzugskartons, Verpackungen, etc.)  zu legen. Die Folie dient dabei nur als BackUp.

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