Die Bremse ist nicht nur eine einfache Komponente im Kraftfahrzeug. Sie ist ein System das erst ein sicheres Bewegen des Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr möglich macht. Dass man sie lange Zeit eher als Klotz als denn wichtig erachtete, geht auf die Anfänge des Automobils zurück. Bei den damalig niedrigen Geschwindigkeiten in nicht ausgebauter Infrastruktur und der äußerst geringen Verkehrsdichte waren die Ansprüche an die Bremsanlage im Vergleich zu heute wesentlich geringer. "Hauptsache steht" war die Devise, wie lang man dafür bei verschiedenen Geschwindigkeiten brauchte und wie oft man dies wiederholen konnte, war ziemlich uninteressant. Fairerweise muß man dies auch vielen anderen Fahrzeugsystemen zurechnen. Die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen zu beginn des letzten und des aktuellen Jahrhunderts sind enorm - Sie trennen keine Welten, Sie trennen Galaxien! Durch gesteigertes Sicherheitsbewusstsein ist die Verbesserung der Bremsleistung nicht mehr nur eine reine Modeerscheinung. Ein vernünftig arbeitendes, sprich ein zuverlässiges und funktionsfähiges Bremssystem sollte selbstverständlich sein - auch im Oldtimer! Ausreden hinsichtlich originalität kann man nur für Museumsstücke gelten lassen. Aus technischer Sicht betrachtet, ist die aktuelle Entwicklung im Bereich der Bremssysteme im Automobil sehr interessant. Implantationen in ältere Fahrzeuge sind grundsätzlich machbar. Neben zulassungsrechtlichen Problemen, gibt es jedoch auch keine bezahlbare Möglichkeit die Systeme abzustimmen bzw. zu parametrisieren. Die Erarbeitung der entsprechenden Unterlagen für die Typgenehmigung ist ebenfalls nicht für umsonst zu erhalten. Auch merkt man bei der Planung solcher Vorhaben schnell, warum neue Fahrzeuge nicht nur teuer, sondern auch schwer und groß sind, jedoch direkt keinen sichtbaren Mehrwert bieten. Grundlegendes zu Bremssystemen Es leuchtet einem ein, daß ein Bremssystem redundant sein sollte, d.h. das mehrfache Vorhandensein funktional gleicher oder vergleichbarer technischer Ressourcen, auch wenn diese bei einem störungsfreien Betrieb im Normalfall nicht benötigt werden (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Redundanz). Man sah also bei den frühen Automobilen, daß man mit Seilzügen durchaus bremsen kann, jedoch was mache ich, wenn der Seilzug reisst? Aus heutiger Sicht fragt man sich natürlich, warum man der Hydraulik gegenüber so verschlossen war, bietet sie doch viele Vorteile wie bessere und gleichmäßigere Dosierbarkeit, bessere Wartungseigenschaften und bauraumtechnische Flexibilität um die wichtigsten zu nennen. Der damalige Chefentwickler des Golf I, Ernst Fiala, berichtet, daß man seinerzeit Angst hatte, der Hydraulikschlauch könnte platzen und so zum versagen des Bremssystems führen. Nun gut, wahrscheinlich wird man sich 2050 auch fragen, warum wir 2010 noch die Hydraulikbremse der Elektrobremse vorgezogen haben. Erst durch die Gesetzgebung wurde die hydraulische Bremse Pflicht. Jedoch verhindern gerade, u.U. auch schlecht formulierte, Gesetze Innovationen im Automobilbau. Es ist ohne Zweifel schwer hier den passenden Ansatz zu treffen und immer alles sofort richtig im Gesetz zu verankern. Was jedoch heute auf bundesdeutscher Ebene scheinbar einfach geht (siehe Gesundheitsreformen, Steuerreformen, Förderungen, etc.), geht auf europäische Ebene scheinbar viel langsamer und komplizierter. Leider bewegt sich aus Automobil-Sicht alles in Richtung Europa, (neue) deutsche Gesetze wird es nicht mehr geben. Etwas mehr Offenheit und Weitsicht würde hier durchaus helfen. Das beste Beispiel für besonderen Stursinn zeigte man mit der dritten Bremsleuchte. So wurde Jahrelang seitens KBA, TÜV und Co. dagegen gewettert, daß diese verwirre ohne greifbare Fakten zu haben. Dafür beschwor man geradezu zwei Zusatzbremsleuchten. Für Neufahrzeuge ab 1998 war dann von jetzt auf gleich alles anders, man musste die dritte Bremsleuchte nun für die Zulassung haben. Glücklicherweise dürfen die nachgerüsteten Zusatzbremsleuchten weiter verwendet werden. So sollten künftig möglichst wenige Randbedingungen per Gesetz festgelegt und eher die zu erreichenden Werte niedergeschrieben werden. Dabei ließe sich problemlos eine Fähigkeitsanalyse und Langzeiterprobung zur Freigabe fordern, die in aller Regel eh immer durchgeführt werden müssen. Hier spielen Haftungsgründe eine Rolle.
Bremsbeläge Die Entwicklung von Bremsbelägen (als auch Kupplungsbelägen) erfolgte ähnlich spektakulär wie die Entwicklung vom Umhüllmaterial einer Schweisselektrode. In den Anfängen des Automobils wurden die verschiedensten Materialien in jeglicher Mischung ausprobiert. Asbest schien irgendwann als besonders haltbar und mit guten Verzögerungswerten versehen zu sein. Erst einige Zeit nach bekanntwerden der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Asbest wurde auf andere Materialien organischer, halb-organischer, metallischer oder keramischer Natur umgestellt. Erst mit Einführung der Asbestverordnung in 1989 (!) durften keine asbesthaltigen Beläge mehr verkauft werden.
Bremsflüssigkeit Warum Bremsflüssigkeitswechsel? Der Wechsel der Bremsflüssigkeit ist ein heisses Thema, im wahrsten Sinne des Wortes, kocht doch die Bremsflüssigkeit bei zu starker Alterung. Viele Fahrer wissen nicht das man sie wechseln muß, sie wissen erst recht nicht warum man sie wechseln sollte. Wer es genau wissen will: Bremsflüssigkeit ist noch nicht mal gleich Bremsflüssigkeit! Bremsflüssigkeit ist die am meisten Vernachlässigte Flüssigkeit im Kraftfahrzeug, obwohl sie der wichtigsten Funktion, dem Bremsen, dient. Sie sollte zumindest regelmäßig geprüft und ggf. ersetzt werden. Wer sichergehen will, sollte sie regelmäßig wechseln, unabhängig vom Testergebnis. Das Problem bei Bremsflüssigkeit ist, das sie Wasser aufnimmt. Dies ist im ersten Moment auch nicht so dramatisch. Kritisch wird es, wenn der Wasseranteil zu stark zunimmt. Wasser diffundiert aus der Luft z.B. über den Ausgleichsbehälter, die Bremsschläuche oder die Dichtungen von Bremskolben in die Bremsflüssigkeit. Da klassische Bremsflüssigkeit hygroskopisch, d.h. wasserbindend ist, wird dieses nicht abgeschieden oder irgendwo abgelagert. Dies ist im übrigen der Grund, warum sie nach wie vor verwendet wird, da die Leistung eher kontinuierlich abnimmt, doch dazu später mehr. Der Hintergrund ist, das beim Bremsen die Bremsflüssigkeit unter Druck gesetzt und durch enge Rohrleitungen und Ventile gequetscht wird. Dies erwärmt die Bremsflüssigkeit. Zusätzlich wird Wärme durch die Nähe zu Bremsscheiben, Bremssätteln, Reifen sowie dem Stauraum Radkasten eingebracht. Reine Bremsflüssigkeit und Wasser haben jedoch verschiedene Siedepunkte. Beim starken Bremsen verdampft das Wasser in der Bremsflüssigkeit. Da Dampf im Gegensatz zu Wasser komprimierbar ist, fällt bei einem großen Wasseranteil das Bremspedal im Fall der Fälle stark ein. Im Schlimmsten Fall kann kein ausreichender Bremsdruck mehr aufgebaut werden. Auf der anderen Seite korrodieren Bremsleitungen, Bremskolben bzw. Zylinder (Bremssattel), Hauptbremszylinder und ABS-Steuerblöcke von innen bei zu hohem Wasseranteil. Dies kann auch zu Funktionsstörungen bzw. –ausfällen führen. Da helfen auch ABS, ESP, EDS, ABC und Co. nicht, wenn die Kolben klemmen oder kein Druck mehr aufgebaut werden kann. Des weiteren kann der hohe Wasseranteil, ggf. lokal, zum Gefrieren der Bremsflüssigkeit führen. In modernen Fahrzeugen wird z.B. auch die Kupplung über die Bremsflüssigkeit betätigt. Dementsprechend muß auch dieser Hydraulikkreis regelmäßig mit gespült werden. Welche Bremsflüssigkeit benötigt wird, schreibt der Fahrzeughersteller vor. Diese Angabe ist z.B. im Fahrzeughandbuch oder auf dem Deckel des Ausgleichsbehälters aufgedruckt zu finden. Allerdings ist zu beachten, dass bei der Verwednung von DOT5 die Flüssigkeit öfter zu wechseln ist, denn sie ist hydrophobisch (NICHT hygroskopisch), d.h. wassermeidend und bindet daher nicht das z.B. durch Leitungen diffundierende Wasser. Dieses sammelt sich an der tiefsten Stelle im jeweiligen "Tal" der Leitungen. Dort ruft diese Wasserblase die gleichen negativen Eigenschaften (Korrosion, Verdampfen, Gefrieren) hervor wie die Glykol-Basis Bremsflüssigkeiten. Dies aber eben nur lokal, was der Funktionsfähigkeit noch mehr entgegenspricht, als die komplette Lösung im gesamten Kreislauf. Deshalb wird geraten, DOT5 Bremsflüssigkeit jährlich zu wechseln. Damit verspielt DOT5 jedoch den "Vorteil", kein Wasser aufzunehmen, denn dann kann man auch jährlich DOT3 oder DOT4 oder DOT5.1 wechseln. Da DOT5.1 sogar leicht besser ist als DOT5, gibt es eigentlich (ausser Motorsport) keinen Grund auf DOT5 umzurüsten. Ein Vorteil hat DOT5 gegenüber den Glykol-Brüdern: Es greift keine Lacke an. Ein weiterer Nachteil von DOT5 Bremsflüssigkeit ist, daß das Entlüften länger dauert und damit unsicherer ist. Für die Großserie und den normalen Werkstattbesuch dauert dies zu lange. Für Aufenthalte in Spezialwerkstätten (Motorsport, Oldtimer, Individualisten) ist dies kein Thema. Des weiteren sei gesagt, das die Verwendung von DOT5 Bremsflüssigkeit in für DOT 3 bzw. DOT4 Bremssystemen im ungünstigen Fall negativ beeinflussen kann (z.B. späterer oder nicht mehr vollständiger Bremsdruckaufbau). Dies ist in der etwas höheren Kompressibilität der Silikonöle begründet und hat nichts mit kaputten Dichtungen zu tun. Wer trotzdem eine Bremsanlage von Glykol-basierter Bremsflüssigkeit auf Silikonöl-basierte Bremsflüssigkeit umrüsten will, sollte sicherheitshablber alle Dichtungen tauschen, wenn er nicht weiss, aus welchem Material diese sind. Grundsätzlich kann man Dichtungen verwenden, die sowohl Glykol als auch Silikonöl beständig sind (z.B. Butyl Kautschuk, Ethylen-Propylen Kautschuk, Chloropren Kautschuk). Nicht jeder Hersteller verwendet aber diese Materialien, erst recht nicht durchgängig in allen Produkten. Sollten diese verbaut sein, so kann man bedenkenlos umbauen. Selbstredend findet, in dem Fall des einfachen Austauschs, über eine permantente Diffusion zwischen Glykol-getränkter Dichtung und neuem Silikonöl-Medium eine Verunreinigung dessen statt, der Anteil ist jedoch vernachlässigbar klein. Auch mögliche Korrosionsschäden an alter Dichtung können nicht wirklich diskutiert werden, denn bei einem normalen Wechsel der Bremsflüssigkeit einer Spezifikation wird der Kontaktbereich natürlich nicht vollständig gespült. Auch hier korrodiert nichts, das ist also kein Grund. Das Problem ist, das sich Silikon und Glykol nur als Emulsion mischen lassen und sich mit der zeit wieder selbstständig entmischen. Dies führt wieder zu einer unberechenbaren Mischung in der Bremsanlage. Aber nochmal der Hinweis, es sind kleinste Mengen, so schnell wird nichts passieren. Eher haben Fahrer 10Jahre alter Bremsflüssigkeit ein Problem. Im Regelfall quellen Dichtungen in Bremsanlagen bis zu 16%. Dies hängt jedoch vom verwendeten Dichtungsmaterial ab und sollte vorher geprüft werden. Da diese "geheimen" Informationen nicht vom Fahrzeughersteller preis gegeben werden, hilft nur zu fragen, ob diese und jene Dichtung für die Verwendung der gewünschten Bremsflüssigkeit freigegeben sind und sich schlau zu machen, wer bereits damit Erfahrung gesammelt hat. Achtung! Bei sehr alten Fahrzeugen oder z.B. bei Citroen/RollsRoyce wurde statt Glykol Hydrauliköl auf Mineralölbasis als Flüssigkeit für die Bremsanlage verwendet. Der Wechsel auf Mineralölbasierte Flüssigkeiten ist dagegen genauso kritisch (oder nicht) wie der auf Silikonöl-basierte Bremsflüssigkeitswechsel. Hier gilt sinngemäß das gleiche. Übersicht von Dichtungsmaterialien im Bremskreislauf Ein kleiner Auszug gängiger Dichtungsmaterialien im Bremssystemen: Handelsnamen von Dichtungsmaterialien Dichtungsmaterialien oder -mischungen werden oft unter Marken- bzw. Handelsnamen vertrieben. Flourkautschuk; FPM, FKM : VITON®, FLUREL®, TECNOFLON®, DAI-EL®
Bremsscheibendurchmesser Es wird immer wieder von z.B. 15" Bremsscheibe o.ä. gesprochen und es tauchen immer wieder Fragen auf, ob diese oder jene Bremsscheibe mit der Felgengröße XY fahrbar ist. Hier eine Übersicht der Bremsscheibendurchmesser bezogen auf den kleinsten Felgendurchmesser: Scheibe 221mm=12" 256mm=13" 278mm=14" 308mm=15" 330mm=16" 360mm=17" Beachte, ausschlaggebend für die Verwendbarkeit ist jedoch der real vorhandene Platz bzw. Spalt zur Felge und dieser wird durch den Bremssattel definiert. D.h. die Verwendung der jeweiligen Bremsscheibendurchmesser zur Felge berücksichtigt "normale" Bremssättel. Es gibt durchaus auch "schlanke" Bremssättel die die Verwendung einer größeren Bremsscheibe ermöglichen. In diesem Zusammenhand interessant ist ein Blick in die späten 80er und 90er Jahre als 13" Felgen besonders schick waren. Hier ging die Diskussion in die Richtung, möglichst kleine Felgen und möglichst kleine Bremsanlagen mit noch gerade ausreichender Bremsleitung (z.B. 256er Scheibe mit Einfachkolben und 180PS) zu verbauen um die Karre möglichst nah an den Asphalt zu holen ohne die Leistungsfähigkeit bzw. Standfestigkeit in Betracht zu ziehen. Aktuell geht es genau in die entgegengesetzte Richtung, möglichst fette Bremsanlagen und originalen Felgen oder großen Zubehör-Felgen zu verwenden (z.B. große 18" Bremsscheiben noch unter 17" Felgen zu quetschen) oder möglichst große und technische edle Bremsen (z.B. Keramik-Bremsscheiben ausm RS6 order R8 in Golf oder Passat) ohne direkt auf die Felge zu achten, da eh große 20" oder 22" Räder zum Einsatz kommen. |
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