Werkstoff- und Materialinformation - Warum man bei Markennamen aufpassen sollte

Werkstoff- und Materialinformation - oder warum Alu nicht Edelstahl ist und dieser auch nicht V2A genannt werden sollte

Wer kennt die Situation nicht, man ist im Möbelhaus, sieht schön spiegelnde metallische Applikationen wie Füße an der Couch, der Partner sprich von Edelstahl, das Möbelhaus von Alu, doch real ist es nur verchromter Stahl!? Manch einer sagt jetzt, das ist doch eh alles das gleiche. Genau, darum rostet der Edelstahl ja auch oder wird blind wenn es dann doch Alu war. Und nicht nur im Möbelhaus hilft einem ein kleines Bischen Werkstoffkunde weiter. Denn wir oft werden Markennamen für etwas benutzt, die es u.U. schon lange nicht mehr gibt? V2A zum Beispiel, eine alte Handelsbezeichnung für nichtrostenden Stahl. Nur wenn man V2A benutzt, legt man zeitgleich die genaue Sorte fest. Da es aber mehr als eine Sorte gibt, sollte man möglichst allgemein das Beschreiben was man kaufen möchte. Klassisch ist die Sorte 1.4301, jedoch könnte es auch 1.4303 oder 1.4306 sein. Bedenke auch, Edelstahl kann z.B. auch rosten und magnetisch  sein! Ich möchte hier keine grundlegenden Details der Werkstoffkunde beschreiben, das haben Andere schon getan. Leider erfahren diese Informationen i.d.R. nur fachlich entsprechend ausgebildete Leute und in einem der Ausbildung entsprechend detailierten Grad. Manches Wissen wäre im, leider nicht vorhandenem, Technikunterricht in der Schule durchaus angebracht.
Ich kann daher nur an entsprechend Intressierte appelieren, sich mit der Quelle Wikipedia auseinander zu setzen, wenn es um grundlegende Informationen zu Werkstoffen geht. Die  Informationsqualität ist wirklich sehr gut.
Was hat dies auf vw-resto zu suchen? Nun, es wird leider immer noch vieles in unserer Welt falsch bezeichnet bzw. benannt. Es ist erstaunlich, wie lange sich manche Begrifflichkeiten halten. Folgend eine lose Sammlung von Themen die mir immer wieder begegnen.

Legierung

Die Legierung beschreibt allein die Werkstoffzusammensetzung. Legierung hat nichts mit der Oberfläche (im Sinne Oberflächenbehandlung) oder einer eventuellen Beschichtung zu tun. Legierungselemente sind z.B. Chrom (Cr), Vanadium (V) oder auch Kohlenstoff (C). Diese Elemente werden z.B. bei der Stahlherstellung in die Stahlschmelze hinzugegeben und beeinflussen die mechanischen Eigenschaften. Legiert sind im übrigen auch Alumium oder Magnesium.
Denn in reinstform können diese Metalle selten verwendet werden, da die mechanischen Eigenschaften des Rohmaterials zu schlecht sind. Der Korrektheit halber: je nach Legierung, kann durch Wärmebehandlung eine entsprechende Verschleissminimierung durch Härtung erreicht werden, hat aber primär nichts mit der Oberfläche zu tun. Motorteile aus Magnesium - gibt es. Bei unseren Fahrzeugen sogar als Motorblock (kurbelgehäuse) und Getriebegehäuse ausgeführt. Mehr nicht. Es gibt immer wieder Spezialisten, die die Materialbezeichnung AlMgSi... entdecken
und daraus schliessen, daß es ein Magnesiumteil ist. Magnesium ist in diesem Fall ein Legierungselement, um die Eigenschaften von Aluminium zu beeinflussen.
Der Einsatz von Magnesium ist bei Entwicklung in den 1930ern beliebt gewesen. Andere Verfahren und Materialien waren nach dem WKII jedoch populärer. Die Beschaffung von Magnesium war auch nicht einfach. Hinzu kommt, es ist teurer und bietet für bestimmte Teile deren Form vorgegeben ist, kaum Vorteile. In Zeiten in denen das Gewicht und damit verbunden der Kraftstoffverbrauch
nicht relevant waren, konnte man also durchaus den Fokus auf die Herstellkosten legen. Hinzu kommt, daß Magnesiumlegierungen i.d.R. einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt (430-650°C) als z.B. Aluminium oder Stahl haben und sicht damit für bestimmte Teile nicht eignen. Auch wenn man nur wenig Bereiche hat, die solche Temperaturen aufweisen, so nimmt die Festigkeit bei hohen Temperaturen rapide ab.
und Chrom rostet doch! - zumindest das was darunter ist. Denn wer einfachen Stahl einfach nur verchromt, wird diesen nach dem Regen später rostbraun wieder finden. Den eigentlichen Korrosionsschutz bildet beim verchromen die vorherige Nickelschicht. Wenn verchromte Teile einen vernünftigen Aufbau der galvanischen Schichten haben, dann ist Rost auch kein Thema, solange keine Beschädigungen der Schichten bis auf das Grundmaterial vorliegen.
Edelstahl auch! - zumindest rosten Varianten edler Stähle, die keine oder zu geringe Nickel- und Chromanteile haben. Doch auch an sich rostfreie Stähle können rosten, nämlich dann, wenn z.B. eine rostende Schraube zur Befestigung dient oder man die Oberfläche mit einem Werkzeug bearbeitet hat, welches vorher nicht rostfreien Stahl bearbeitet hat (sieht man sehr oft bei Produkten eines schwedischen Möbelhauses). Irgendwann ist es aber auch dem nichtrostenden Stahl zuviel, nämlich dann, wenn es zu heiss wird. Dies passiert schnell bei Abgasanlagen im Bereich Krümmer-Katalysator. Dann erreicht das Material Temperaturen, bei denen es zu carbidischen Ausscheidungen kommt und es danach dort rostet.
Richtig spannend wird es dann bei der Verbindung von Aluminium und Stahl. Ja, man kann beides problemlos miteinander verbinden! Bei wirklich sensiblen Verbindungen, die im KFZ Alltag eigentlich nicht vorkommen, kann man z.B. Kontaktbrücken aus Kunststoff verwenden. Denn Problematisch wird die Kontaktkorrosion erst bei möglicherweise unbeschichteten Materialien und Hilfsmedien wie Wasser. In den ersten Modellen der wassergekühlten Volkswagen hat man seinerzeit Abschirmbleche aus einer einfachen Aluminium-Legierung für den Wärmeschutz zur Abgasanlagen verwendet. Diese wurden mit geschraubten Stahlklammern befestigt. Die Beschichtung war in den ersten Jahren recht dünn, teilweise konnte man meinen, gar keine Beschichtung zu haben. Wenn man diese heute als Ersatzteil kauft, so sind diese vermutlich verzinkt oder mit einer Al-Si-Beschichtung versehen. Im guten Gebrauchtwagenalter ab 10Jahren zeigt dann das Abschirmblech teilweise Rostfraß rund um die Klammer. Dies führt im schlimmsten Fall zum lösen des Abschirmblechs, bis, je nach Größe des Abschirmblechs, zum verlieren. Aber es ist äußerst unwahrscheinlich, daß sich alle Punkte gleichzeitig lösen. So merkt der Fahrer i.d.R. ein fröhliches Klappern und Vibrieren beim Gas geben.

 


 

Aus dem Alltag...

Straßen werden asphaltiert - geteert und gefedert wird woanders! Seit 1984 ist Teer als Mittel im deutschen Straßenbau verboten. Wesentlich stabiler und einfacher ist Asphalt, ein Gemisch aus Stein und Bitumen. Am bekanntesten als Splitmastix. Grundlegende Informationen bietet z.B. Straßen.NRW

Sicherungsring - einfach nur Sicherungsring. Nicht Seeger-Ring. Denn dass Tolle ist ja, die Firma Seeger, die auch solche Sicherungsringe herstellt, hat mittlerweile auch mehr als nur ein Produkt am Markt verfügbar. Denn der gewiefte Teileverkäufer kennt zwar Seeger-Ringe, aber welchen ich jetzt wirklich brauche, weiss er auch nicht.

Nimm doch Loctite! - Gut, und welches? Spätestens wenn der Azubi die Pulle Schraubensicherungsmittel als Flächendichtmittel missbraucht hat, weiss man warum man manche Information detailierter geben sollte.

 


 

Übersicht von Edelstählen

Der häufig benutzte Begriff "Edelstahl Rostfrei" ist ein Oberbegriff für mehr als 120 verschiedene Sorten von nicht-rostenden Stählen. Über Jahrzehnte wurde eine Vielzahl von Legierungen entwickelt, welche für verschiedenste Anwendungen die jeweils besten Eigenschaften bieten. Diese Legierungen haben alle den Vorteil, daß durch den hohen Anteil an Chrom prinzipiell kein zusätzlicher Korrosionsschutz mehr benötigt wird. Der hohe Anteil an Chrom bildet auf der Oberfläche eine eine farblos transparente Oxydschicht (Passivierung). Diese Oxydschicht ist selbstheilend durch den in Luft oder Wasser enthaltenen Sauerstoff.

Die Nichtrostenden Stähle sind in der DIN 17440 sowie der DIN EN ISO 3506 klassifiziert. Dabei lassen sich die verschiedenen Stahl-Sorten in mehrere Stahl-Gruppen zusammenfassen. Man unterscheidet die Gruppen in austenitische, martensitische und ferritische Stählen. Entsprechend erfolt die Sortierung nach A1...A5 (austenitisch), C1, C3, C4 (martensitisch) und F1 (ferritisch). Es gilt dabei zu beachten, das es nicht für jede Sorte jede Festigkeitsklasse für Schrauben und Muttern gibt. Für A1 bis A5 gibt es jeweils die Klassen 50/025/weich, 70/035/kaltverfestigt und 80/040/hochfest für die Schrauben-Festigkeitsklasse/Mutternkennzeichnung/Eigenschaft. Für C1 existieren die Klassen 50/025/weich, 70/-/vergütet, für C3 80/040/vergütet und für C4 50/-/weich und 70/035/vergütet. Für F1 existieren die Klassen 45/020/weich und 60/030/kaltverfestigt. Generell können nichtrostende Stähle mit niedrigem Kohlenstoffgehalt von max. 0,03% zusätzlich mit dem Buchstaben L gekennzeichnet sein (z.B. A4L-80).

Die austenitischen Edelstähle sind die typischen Vertreter von "Edelstählen". In der Regel sind dies Chrom-Nickel oder Chrom-Nickel-Molybdän Stähle mit einer besonders guten Kombination von Verarbeitbarkeit, mechanischen Eigenschaften und Korrosionsbeständigkeit. Die hauptsächlich beeinflussenden Komponenten sind Chrom und Molybdän. Das notwendige Lösungsglühen findet dabei zwischen 1000 und 1150°C statt. Die Kühlung erfolgt vorzugsweise durch Luft oder Wasser um ungewünschte Ausscheidungen zu vermeiden. Der Stahl wird hierbei nicht gehärtet, lediglich die Verformbarkeit zur weiteren Verarbeitung wird beeinflusst.

Die ferritischen Edelstähle sind i.d.R. nur mit Chrom legiert. Der Chrom Anteil liegt mit 12 bis 18% verhältnismäßig hoch. Der Kohlenstoffanteil beträgt jedoch maximal 0,2%. Dieses Material ist ebenfalls nicht härtbar.

Die martensitischen Edeltähle sind aufgrund ihrer Zusammensetzung sehr gut zum härten einsetzbar. Diese haben einen Chromanteil von 10,5 bis 13% sowie Kohlenstoffanteil von mindestens 0,2 bis maximal 1,0%. Weitere Elemente wie Bor oder Mangan können ebenfalls verwendet werden. Erst durch die entsprechenden Anteile von Kohlenstoff sowie der anderen Möglichen Elemente erlauben eine Härtbarkeit.

 

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